Bereits in der Generalversammlung vom Juni 1847 war von den Mitgliedern des Advokatenvereins über die Organisation des Advokatenstandes debattiert worden. Auch das Herzogliche Staatsministerium bekundete nun sein Interesse an einer einheitlichen Organisation der Advokaten und Notare im Herzogtum Braunschweig und forderte am 5. Januar 1849 den Braunschweiger Advokatenverein auf, einen Entwurf für eine Advokaten- und Notariatsordnung vorzulegen. Der Braunschweiger Advokatenverein nahm die Aufforderung des Staatsministerium dankbar auf und beantwortete das Schreiben des Herzoglichen Staatsministeriums mit Schreiben vom 5. Februar 1849:
"Das Reskript Herzoglichen Staats Ministeriums vom 5. des Vormonats ist als ein neuer Beweis der Berücksichtigung der Fürsorge und des Vertrauens der wir uns von Seiten dieser hohen Behörde zu erfreuen haben, mit dem aufrichtigstem Danke von sämtlichen Mitgliedern unseres Standes betrachtet und aufgenommen worden (...) Schon früher hat Herzogliches Staats Ministerium uns aufgefordert, eine Gebühren-Taxe zu entwerfen und die von uns eingereichte Arbeit wird hochdaßelbe überzeugt haben, daß uns wenigstens der Eifer und der gute Wille nicht gefehlt haben, jene Aufgabe zu lösen. (...) Schon jetzt ist ein Ausschuß, den wir eingesetzt haben, um bei Gelegenheit der bevorstehenden Veränderungen der Gerichtsverfassung des Gerichtsverfahrens unsere Interessen wahrzunehmen, damit beschäftigt, unsere demnächstige Stellung ins Auge zu faßen und den Stoff zu einer wichtigen Beurteilung und Gestaltung derselben zu sammeln."
Die vom Advokatenverein ernannte Kommission legte nach 8 Monaten den Entwurf einer Advokatenordnung vor, die am 8. Oktober 1848 an das Herzogliche Staatsministerium übersandt wurde. Einige der wichtigsten Regelungen lauteten:
Der von der Kommission vorgelegte Entwurf wurde von der Anwaltschaft in einer Versammlung gebilligt und mit Anschreiben vom 2. März 1850, das nachdem in unserer heutigen Sitzung in Gemäßheit des gebotenen Schreibens des Herzoglichen Staats Ministeriums vom 27. Februar über den Entwurf einer Advokatenordnung im ganzen abgestimmt worden ist, an das Herzogliche Staatsministerium versandt.
Wie nicht anderes zu erwarten, wurden nicht alle Vorschläge des Entwurfes von der Herzoglichen Landesregierung übernommen. Insbesondere die von der Kommission angestrebte Selbstverwaltung der Advokatenkammer widersprach dem Selbstverständnis des Herzoglichen Ministerium, das durch den Oberstaatsanwalt als staatlichen Kommissar, der über die Advokatenkammer wachen sollte, einen erheblichen Einfluss auf die Beschlüsse der Advokatenkammer nehmen wollte. Der Oberstaatsanwalt sollte nicht nur an jeder Sitzung der Kammer teilnehmen, sondern auch den Großteil ihrer Beschlüsse durch Einsprüche hemmen dürfen. Ebenso verwarf das Herzogliche Staatsministerium die von der Kommission vorgesehene Trennung von Notariat und Anwaltschaft.
Die Advokatenordnung des Herzogtums Braunschweig wurde mit entsprechenden Änderungen vom Braunschweiger Landtag verabschiedet und trat am 1. Juli 1850 in Kraft. Im Jahre 1878 wurde sie durch die für das Deutsche Reich geschaffene Rechtsanwaltsordnung abgelöst. Die erste Rechtsanwaltskammerversammlung im neuen Oberlandesgerichtsbezirk Braunschweig wurde am 30. Oktober 1879 durchgeführt.
Die Mithilfe der Mitglieder des Braunschweiger Advokatenvereins bei der Schaffung einer für das Herzogtum Braunschweig geltenden einheitlichen Advokatenordnung gehört zu den herausragenden Beiträgen, die der Braunschweiger Advokatenverein mit unmittelbarer Auswirkung für die Rechtspflege im Herzogtum erbracht hat.